Resonanz und Räsonanz

Resonanz ist eine feine Sache, aber wer räsoniert, wird keine Resonanz finden. Räsonieren geht nach dem Muster: „Ich habe es ja schon immer gesagt, aber auf mich hört ja keiner.“ Jeder kennt solche Typen. Der Soziologe Niklas Luhmann hat sich 1986 in einem Buch über „Ökologische Kommunikation“ den Spass erlaubt, die Unterscheidung von Resonanz und Räsonanz ganz versteckt in einer Nebenbemerkung einzuführen und sogleich auf die noch neue Partei der Grünen anzuwenden. Dabei münzte er auf die Grünen einen Satz, der häufig zitiert werden sollte: „Sie haben völlig recht mit ihren Prinzipien, man kann ihnen nur nicht zuhören.“

Die weitere Entwicklung verlief völlig anders, als Luhmann vorhersehen konnte. Denn er sagte den Grünen voraus, dass sie aufgrund ihrer Prinzipienreiterei gar nicht in der Lage seien, im eigentlichen System der Politik Resonanz zu finden. Anfangs sah es ja auch so aus. Sie konnten protestieren, aber kaum diskutieren. Auf die Dauer jedoch erzeugten sie sehr viel Resonanz – und liessen dafür einige Prinzipien fahren. Man erinnere sich an den Weg von Otto Schily vom linken Terroristenverteidiger zum Law-and-Order-Innenminister.

Was Luhmann damals auch nicht vorhersehen konnte, waren die Talkshows. Da wird räsoniert, dass die Schwarte kracht, und der Eindruck erweckt, es handele sich um „politische Diskussionen“. Die Resonanz, die die Politiker beim Fernsehpublikum erzeugen, ist das Ergebnis von Räsonanz.

Aber wir sind jetzt schon viel weiter. Räsonanz war gestern. Wer heute – zumindest in einem der südlichen Länder – politisch erfolgreich sein will, erweckt schon gar nicht mehr den Eindruck, sich auf die „raison“, die Vernunft, zu beziehen. Er räsoniert nicht mehr, er gibt einfach den Clown.

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